Was die Übernahme von Inca durch AGFA zeigt
Es ist gerade mal eine Woche her, dass Agfa die Öffentlichkeit darüber informierte, dass man das in Cambridge ansässige Unternehmen Inca Digital Printers übernehmen werde, vorausgesetzt die üblichen rechtlichen Prüfungen verlaufen problemlos. Da Inca Digital Printers seit mehr als 20 Jahren partnerschaftlich mit Fujifilm arbeitet, hat die Übernahme auf drei Unternehmen Auswirkungen. Hermann Will über die Perspektiven des Deals.
Erfolg des digitalen Verpackungsdruck ist deutlich
Die Übernahme Inca Digital Printers, einer 100%-Tochter von Screen Graphic Solutions, stärkt die Position von Agfa im Hochgeschwindigkeits-Digitaldruck und verstärkt den Fokus auf den Verpackungsdruck, erklärt Agfa in der Pressemitteilung seine Kaufentscheidung. Agfa mit den vier Geschäftsbereichen Radiology Solutions, HealthCare IT, Digital Print & Chemicals und Offset Solutions leidet vermutlich daran, dass den in der Vergangenheit beträchtlichen Forschungsaufwendungen im Digital Print-Geschäft nicht die Margen folgen, wie man das aus der Radiologie und HealthCare-IT gewöhnt ist. Um also das digitale Print-Geschäft ertragreicher zu machen, orientierte man sich an den wachstumsorientierten Packaging-Märkten. Die dort gehandelten Prognosen sind mehr als euphorisch und prophezeien im Optimalfall eine Verdreifachung des Volumens von digital bedruckten Verpackungen in Zeitraum zwischen 2021 und 2026 (Quelle: DataBridgemarketresearch.com).
Speed Set soll bis 8745 qm/Stunde digital drucken
Der Markt für Verpackungsdruck wächst mit dem Konsum. Dazu kommt der Aspekt, Verpackungen in kleineren Auflagen für individuellere Kundenbedürfnisse im Digitaldruck produzieren zu können. Gegessen und getrunken wird immer, sagen auch die Börsianer, wenn Aktien aus den Segmenten Lebensmittel empfohlen werden. Die Marktverschiebungen durch die Pandemie und den damit einhergehenden Zuwächsen im Online-Handel sind ein weiteres Argument für die wachsende Bedeutung des Verpackungsdrucks. Für genau jenen Markt entwickelt Inca ein Drucksystem unter dem Namen Speed Set, das für Agfa einen angenehmen Effekt mitbringt: Es braucht aufgrund der zu erwartenden Kapazität sehr viel Tinte, die Agfa bekanntlich in seinen Labors in Mortsel bei Antwerpen entwickelt und produziert. Das Drucksystem, das für 2024 erwartet wird, soll laut einer Präsentation von Mark Schlimme, Vice-President Marketing bei Screen USA 8745 qm/Stunde im Single-Pass-Verfahren bedrucken können. Seinen Angaben zufolge ist die Speed Set auf bis zu 11.000 Bogen im Format 1060 mm x 750 mm (=0795 qm) ausgelegt. Hochrechnungen ergeben einen Jahres-Tintenverbrauch von etwa 30.000 Litern. Eine Beta-Installation soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Mit einem Investitionsvolumen von etwa 4 Millionen Euro ist für die die Speed-Set zu rechnen. Im Mai 2020 hat sich Inca Digital den Namen Speedset oder Speed Set als Marke schützen lassen.
Projekt mit BSH Corrugated in der Entwicklung
Agfa allerdings erwirbt mit dem Deal noch ein zweites zukunftsträchtiges Projekt von Inca: „Die Übernahme umfasst das Portfolio bestehender Hochgeschwindigkeits-Multi-Pass-Drucker, einschließlich einer starken Service-Organisation, eine neu entwickelte Reihe von Single-Pass-Druckern für verschiedene Verpackungsanwendungen sowie die gemeinsame Entwicklung einer kundenspezifischen Inline Print Engine in Zusammenarbeit mit dem führenden Wellpappenhersteller BHS Corrugated.“ Dazu nur eine ergänzende Information: Die BHS Corrugated sitzt im Landkreis Neustadt an der Waldnaab, das ist in Ostbayern, und erzielte mit 2500 Mitarbeitern im Jahr 2020 einen Umsatz von rund 500 Millionen Euro.
Exzellente Inca-Produkte begründen Kompetenz
Inca Digital mit seinem kleinen Team von fähigen Entwicklern ist in der neuen Konstellation sicherlich aufgehoben. Das Innovationspotential in Cambridge war bisher sehr hoch. Mit den von Partner Fuji zugelieferten Dimatix-Druckköpfen und den von Fujifilm (früherer Name Sericol) entwickelten Tinten entstanden Hochleistungsdrucker wie die Uvijet-Reihe und die Onset, die Geschwindigkeit und Qualität vereinten. Das begründet auch den Optimismus von Stephen Tunnicliffe-Wilson, CEO/CTO von Inca Digital Printers Ltd: "Die Übernahme durch Agfa ermöglicht es uns, unser technologisches Know-how zu bündeln und uns zu einem weltweit führenden Hersteller von digitalen Verpackungsdruckmaschinen zu entwickeln. Unsere neue Muttergesellschaft hat ein langfristiges Engagement auf dem Digitaldruckmarkt gezeigt, und wir sind sehr stolz und freuen uns darauf, Teil der Agfa-Familie zu werden."
Auch Vincent Wille, Präsident des Agfa-Geschäftsbereichs Digital Print & Chemicals, lobt Inca: "Die Kombination des Fertigungs-Know-hows von Inca Digital mit dem technischen Know-how, der weltweiten Präsenz und den ausgezeichneten Servicenetzwerken von Agfa wird es uns ermöglichen, unseren Kunden unvergleichliche Drucklösungen zu bieten und uns nahtlos an ihre Bedürfnisse in diesem sich schnell entwickelnden Bereich anzupassen. Diese Investition stärkt unsere Position auf dem High-End- und Hochgeschwindigkeits-Großformatmarkt insgesamt und speziell im vielversprechenden Verpackungssegment."
Fujifilm entwickelt nun eigene Maschinen
Bei so viel Euphorie bleibt bei Fujifilm nur die Möglichkeit, ebenfalls Optimismus zu betreiben. Das führte bei Fujifilm dazu, dass erklärt wurde, die Zusammenarbeit mit Inca zu beenden, jedoch die im Markt vorhandenen und von Inca gebaut Fujifilm-Systeme weiterhin zu betreuen. Fujifilm sei in jüngster Zeit schon dazu übergegangen, die Entwicklung von Großformatdruckern in eigener Regie zu betreiben. So erläuterte David Burton, Marketing Direktor, Fujifilm Wide Format Inkjet Systems: Vor einiger Zeit erkannten wir, dass der Großformatmarkt einen Reifepunkt erreicht hatte, an dem Druckgeschwindigkeiten und Qualitätsverbesserungen zunehmend marginal waren. Daher sahen wir die Gelegenheit, unser Inkjet-Know-how in die Entwicklung einer Produktreihe zu investieren, die die Erwartungen in Bezug auf Wert, Benutzerfreundlichkeit und ROI neu definiert. Unser Fujifilm-Konzept der "neuen Blaupause für das Großformat", das erstmals im Jahr 2021 angekündigt wurde und im Mittelpunkt unseres Standes auf der Fespa 2022 steht, ist das Ergebnis dieses Strategiewechsels, und die neuen Drucker Acuity Prime und Acuity Ultra R2 sind der erste greifbare Beweis dafür, dass dieser neue Ansatz für Fujifilm der richtige ist. Auf der Fespa sind weitere Produktankündigungen und Ergänzungen zu dieser Produktpalette geplant, an anderen wird im Hintergrund gearbeitet.
Mehr erfahren bei der Fespa in Berlin
Die Dynamik, die Agfa mit der Übernahme von Inca also ausgelöst hat, werden wir am Fespa-Stand von Agfa (Fespa Halle 3.2 C20) vermutlich noch nicht groß erleben können, aber vermutlich bei Fujifilm (Fespa Halle 2.2, C30)
Zum Video von Mark Schlimme über die die Speed Set
Beitrag von 2019 über Besuch von largeformat.de in Cambridge bei Inca