Gedruckte Elektronik: Neue Sensoren für die Medizin
Vom 13. bis 15. März 2018 informiert die Lopec, internationale Fachmesse und Kongress für gedruckte Elektronik, über den aktuellen Stand der Technik, Trends und neue Märkte für gedruckte Elektronik. Neben Branchen wie der Verpackungsindustrie, der Unterhaltungselektronik und dem Mobilitätsektor rückt der Gesundheitsmarkt immer stärker in den Fokus. Im Gespräch erläutert Teemu Alajoki, Wissenschaftler am Technischen Forschungszentrum Finnland VTT und Referent des Lopec Kongresses, das Potenzial von gedruckten Sensoren für die Medizin.
Herr Alajoki, Sie entwickeln Sensoren für medizinische Anwendungen. Was messen diese Sensoren?
Mit Sensoren lassen sich verschiedenste Parameter überwachen. Das Anwendungsspektrum reicht vom Monitoring der Körpertemperatur und der Atemfrequenz bis zum Einsatz in der Elektrokardiographie (EKG), der Elektroenzephalografie (EEG) oder der Pulsoximetrie, einer Methode zur Messung der Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut.
Wie stellen Sie die Sensoren her?
Wir drucken mit Silbertinten und anderen meist anorganischen Tinten auf flexible und dehnbare Folien aus Kunststoff. Wir haben verschiedene Methoden entwickelt und nutzen zum Beispiel Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren. Die gedruckten Sensoren werden anschließend in Bandagen oder Pflaster geklebt. In Textilien integrieren wir sie noch nicht, aber das wäre der nächste Schritt.
Warum verwenden Sie gedruckte Elektronik?
Der größte Vorteil der gedruckten Sensoren ist, dass sie nicht so sperrig und voluminös sind wie konventionelle. Das ist für die Patienten viel angenehmer, denn sie tragen die Sensoren dicht am Körper. Die Flexibilität, die Biegsamkeit der gedruckten Elektronik ist ein entscheidendes Kriterium für den Tragekomfort, aber auch für die Funktionsfähigkeit von körpernahen Sensoren. In der Pulsoximetrie beispielsweise, die unter anderem bei der Narkoseüberwachung zum Einsatz kommt, wird ein optischer Sensor um die Fingerspitze des Patienten gelegt. Die geringen Herstellungskosten der gedruckten Elektronik spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, denn der Trend geht dahin, dass medizinische Sensoren nur einmal beziehungsweise nur für einen Patienten verwendet werden. Druckverfahren senken die Kosten deutlich. Hier besteht aber noch Entwicklungsbedarf, vor allem hinsichtlich der Automatisierung der Massenproduktion von gedruckten Elektronikkomponenten.
Sensoren und andere Bauteile für medizinische Anwendungen müssen besonders verlässlich funktionieren. Erfüllt die gedruckte Elektronik diesen Anspruch?
Ja, auf jeden Fall. In der Pulsoximetrie kommen teils schon gedruckte Sensoren zum Einsatz und sind bereits kommerziell erhältlich Das belegt, dass die Zuverlässigkeit der gedruckten Elektronik bereits auf einem hohen Level für den Einsatz in der Medizin ist. Die Herausforderung besteht vor allem darin, einen hohen Tragekomfort zu gewährleisten und zugleich eine verlässliche Stabilität – trotz der mechanischen Beanspruchung bei bestimmten Anwendungen oder bei Bewegungen der Patienten. Hier haben wir deutliche Fortschritte erzielt. Die Langlebigkeit wiederum spielt zumindest bei den Einwegsensoren, die nur über einen kurzen Zeitraum genutzt werden, eine untergeordnete Rolle.
Welche Vorteile bieten solche Einwegsensoren?
Der Hauptgrund ist, auf diese Weise die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern und so eine bessere Kontrolle von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen zu erzielen. In der Pulsoximetrie werden teils schon wegwerfbare Sensoren verwendet, denn die Desinfektion ist teuer und trotz sorgfältiger Reinigung bleibt ein Restrisiko bestehen, dass Keime überleben und sich verbreiten. Multiresistente Bakterien bedeuten in vielen Ländern eine immer größere Gefahr für die Patienten. Dieses Problem können Einwegsensoren minimieren.
Abgesehen von Sensoren für das Monitoring von Körperfunktionen, welche medizinischen Anwendungen profitieren noch von der gedruckten Elektronik?
Gedruckte Elektronik kann man nicht nur zum Überwachen oder in der Diagnostik einsetzen, sondern auch in der Therapie. In der Schmerzbehandlung beispielsweise gibt es eine Methode namens Elektrostimulation. Sie basiert auf Elektroden, die direkt auf der Haut sitzen und schmerzlindernde Stromimpulse abgeben. Ähnlich wie bei den Sensoren, die wir entwickeln, kann die gedruckte Elektronik auch hier den Tragekomfort und die Funktionsfähigkeit verbessern.
Das Technische Forschungszentrum Finnland VTT zählt zu den Stammausstellern der LOPEC. Was werden Sie und Ihre Kollegen dieses Jahr in München präsentieren?
In meinem Vortrag auf dem LOPEC Kongress werde ich einen Überblick über unsere Arbeit auf dem Gebiet der medizinischen Sensorik geben, und zwar von der Fabrikation der Prototypen mit Massendruckverfahren bis zu den diversen Testverfahren, mit denen wir die Sensoren unter realitätsnahen Bedingungen charakterisieren und prüfen. In den vergangenen zwei Jahren hat das VTT seine Rolle-zu-Rolle-Druckanlagen weiter entwickelt, sodass mehrere bislang manuell ausgeführte Schritte jetzt automatisiert erfolgen. Darauf wird mein Kollege Tuomas Happonen in seiner Posterpräsentation eingehen. Das VTT zeigt darüber hinaus noch viele weitere Neuentwicklungen auf der Messe.
Inwiefern treibt die LOPEC die Entwicklung der gedruckten Elektronik für medizinische Zwecke an?
Das Wichtigste ist, dass sich die Key Player aus Industrie und Wissenschaft regelmäßig treffen, dass sich Netzwerke bilden. Die LOPEC als jährlich stattfindende Veranstaltung bietet dafür den idealen Rahmen. Das VTT ist in München immer mit fünf bis zehn Forschern vertreten und ich freue mich schon auf viele spannende Diskussionen mit Besuchern und anderen Ausstellern der LOPEC 2018. Viele Leute denken, dass die gedruckte Elektronik noch nicht reif ist für den Einsatz in der Medizin – sie werden überrascht sein über die Fortschritte und die vielen Neuentwicklungen, die kurz vor der kommerziellen Anwendung stehen.