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Mediengestalter als Basis-Ausbildung für den Digitaldruck

Immer noch bilden viele Digitaldruck-Betriebe, die großformatige Digitaldrucke erstellen, keine Azubis in der Produktion aus. Der vielfach beklagte Grund liegt in veralteten oder unpassenden Inhalten und Anforderungen bei der dualen Ausbildung. Doch das lässt sich so nicht mehr halten.

Die Ausbildung zum Mediengestalter für Digital- und Print-Medien soll künftig die Basisqualifikation für alle Vorstufenbereiche werden – auch wenn noch mit fotografischer Entwicklung gearbeitet wird. Großfoto, Offset-Druck, Siebdruck, Copyshop, Agentur, Werbetechnik – der großformatige Digitaldruck hat sich aus einer Vielzahl von Branchen heraus entwickelt. Hinzu kommen die vielen Unternehmen, die von Seiteneinsteigern gegründet wurden, welche zunächst gar keine Verbindung zum grafischen Gewerbe oder zur Druckindustrie hatten. Entsprechend »bunt« sind die Strukturen – eines hat die Branche jedoch gemeinsam: Nur ein Bruchteil bildet Azubis in der Produktion aus, und das, obwohl der Bedarf an entsprechend qualifiziertem Personal künftig eher noch wachsen wird. Am ehesten fühlen sich noch Betriebe angesprochen, die sich aus dem Handwerk heraus entwickelt haben, also etwa aus einem Großfotolabor oder einer Siebdruckerei, denn für diese Bereiche gibt es seit langem entsprechende Ausbildungsberufe, wie etwa Drucker, Siebdrucker oder Fotomedien-Laboranten.

Doch auch hier stellt der schnelle technische Fortschritt in Verbindung mit einer Verlagerung der Schwerpunkte innerhalb der Unternehmen diese bei der Ausbildung vor erhebliche Probleme: »Wir bilden im Ausbildungsjahr 2010/11 zum ersten Mal seit 15 Jahren keinen Fotomedien-Laboranten mehr aus«, bedauert Thomas Wegler, geschäftsführender Gesellschafter von Viabild in Köln. »Diese Ausbildung bietet den Azubis inzwischen einfach zu wenig Möglichkeiten für ihren Berufsweg.« Sein Unternehmen entwickelte sich einst aus der Großfotobranche – und noch heute bietet Viabild Laserbelichtungen im Nassverfahren an. Der Bereich ist allerdings über die Jahre merklich geschrumpft. Bedingt durch den relativ geringen Bekanntheitsgrad und die schlechten Berufsaussichten nahm die Zahl der Azubis zum Fotomedien-Laboranten bundesweit zuletzt stark ab – die Arbeitsagentur listet für 2008 noch knapp 300, die Zahl dürfte inzwischen nochmals deutlich niedriger sein.

So niedring, dass die Jugendlichen zum Teil sehr lange Wege zu ihrer Berufsschulklasse in Kauf nehmen müssen. Wegler, der sich über den Kölner Ausschuss für Prüfungsfragen sowie die Digicom-Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung schon seit Jahren für die Ausbildung engagiert und auch im Ausschuss für die Prüfungsfragen der Fotomedien-Laboranten sitzt, versuchte mit Gleichgesinnten, eine Lösung zu finden. Und zwar eine, die sich einigermaßen schnell verwirklichen lässt. Denn einen neuen Ausbildungsberuf bundesweit zu etablieren, dauert gut und gerne mehrere Jahre. 

Neue Ausbildungsmodule 

»Die Qualifikation rund um das Thema Silberhalogenid wird noch viele Jahre benötigt werden, etwa in Laboren, Museen und Archiven«, erklärt Wegler. »Gleichzeitig ist es erforderlich, den jungen Leuten eine zukunftsträchtige Ausbildung zu ermöglichen, bei der sie Qualifikationen erhalten, die in den Unternehmen auch gebraucht werden.« Die Lösung ist nicht unmittelbar naheliegend, aber ziemlich einfach: Ab dem Ausbildungsjahr 2012 könnten Labortechnik und Veredelung als Module in die Ausbildung des Mediengestalters für Digital- und Print-Medien in der Fachrichtung »Gestaltung und Technik« einfließen. Die Ausbildung in Schule und Betrieb ist modular konzipiert, durch unterschiedliche, aufeinander aufbauende Wahlqualifikationen können auch spezielle oder wenig nachgefragte Qualifikationen wie der Notensatz oder die Produktion von Landkarten gelernt werden, wenn dies dem Anforderungsprofil des ausbildenden Betriebes entspricht. 

»Man erkennt auf den ersten Blick, dass Mediengestalter für Digital- und Print-Medien in der Fachrichtung vieles lernen, was nicht nur in der Labortechnik, sondern auch im Digitaldruck benötigt wird: Arbeitsvorbereitung, Daten-Handling, Datenaufbereitung und Kundenberatung«, erklärt Wegler. »Zwar gibt es für den großformatigen Digitaldruck kein eigenes Modul, einfach deshalb, weil sich dabei zu viele Redundanzen mit bestehenden Lehrinhalten ergeben würden. Doch Ausbildungsbetriebe können in den lokalen Kammern durchaus darauf hinwirken, dass ihre Azubis an den gewohnten Großformatmaschinen geprüft werden und nicht – wie es derzeit zum Teil noch passiert – in der Prüfung plötzlich an Farbkopierer oder HP-Indigos gestellt werden.

Die Ausbildung zum Mediengestalter Fachrichtung Gestaltung und Technik ist der Ausbildungsberuf, der sich am besten für die ganze Großformatbranche eignet – nun müssen ihn die Firmen nur noch annehmen.« Unter den Jugendlichen gilt die Ausbildung als begehrt: Mehr als 40.000 haben sie seit 1998 absolviert. Noch werden Unternehmen, die eine entsprechende Ausbildungsstelle ausschreiben, nicht selten waschkörbeweise mit Bewerbungen konfrontiert.

Ohne Ausbildung sind Personalsorgen vorprogrammiert

Doch gerade mittelständische Unternehmen werden in den kommenden Jahren den massiven Rückgang der Jahrgangsstärken zu spüren bekommen – gerade außerhalb der Ballungsräume wird es dann schwer werden, geeignete und motivierte Azubis und qualifizierte Facharbeiter zu finden.
Bei Viabild merkt man von diesem Problem freilich noch nichts. Wegler mag auch den viel zitierten Rückgang in der Bewerberqualität nicht so pauschal bestätigen, allerdings geht man bei der Wahl eher unkonventionelle Wege: »Der Schulabschluss und die Noten sind gar kein so wichtiges Kriterium«, erklärt er. Viel entscheidender ist es, dass sich ein Bewerber auch außerhalb der Schule engagiert und Verantwortung übernommen hat, etwa in einer Jugendgruppe. Auch Erfahrung in der Arbeitswelt, zum Beispiel durch einen Ferienjob, ist wichtig. »In einem Handwerksbetrieb muss man auch mit zupacken können«, so Wegler. »Die Berufsschule hat bei uns noch jeder Azubi geschafft, notfalls mit einem nicht ganz so glorreichen Durchschnitt. Doch Investitionen in den Nachwuchs sind wichtig, sie sind konkrete Zukunftssicherung.«

Ausbildung zum Mediengestalter

Der Ausbildungsberuf Mediengestalter Digital und Print wurde 1998 ins Leben gerufen und sollte die verschiedenen Vorstufenberufe der Druck- und Medienwirtschaft in einer zeitgemäßen Berufsqualifikation zusammenfassen. Formal ist lediglich ein Hauptschulabschluss Zugangsvoraussetzung, die Mehrzahl hat aber Abitur (über 70 Prozent). Die Ausbildungszeit beträgt drei Jahre. Die ersten beiden Ausbildungsjahre sind Basisqualifikationen wie etwa Arbeitsorganisation, Daten-Handling und Gestaltungsgrundlagen gewidmet. Im dritten Lehrjahr erfolgt die Aufteilung in die Fachrichtungen Beratung und Planung, Konzeption und Visualisierung sowie Gestaltung und Technik. 

Die Ausbildung ist modular aufgebaut und setzt sich aus verschiedenen Pflicht- und Wahlqualifikationen zusammen, die zu »Profilen«, etwa für reprografische Betriebe, digitale Medienproduktion oder Digitaldruck zusammengefügt werden. So soll es möglich sein, die Azubis sehr nahe an die Anforderungen des ausbildenden Betriebs angelehnt zu qualifizieren. Das Berufsbild wurde 2007 zuletzt überarbeitet und ist sehr begehrt: Seit 1998 wurden nach Aussagen des Zentral-Fachausschusses Berufsbildung Druck und Medien bereits 40.000 junge Menschen ausgebildet. Übliche Ausbildungsvergütung: 835 / 886 / 936 Euro.

Ausbildung zum Fotomedien-Laboranten

Die Ausbildung konzentriert sich neben der digitalen Bildbearbeitung auf das klassische Laborhandwerk mit der Bildentwicklung (Nassentwicklung). Die dreijährige Ausbildung steht auch Hauptschülern offen. Arbeitsbereiche sind Fotostraßen, Großfotolabore oder DTP/Retuscheabteilungen. Durch den Rückgang der Nassentwicklung im Bereich Großfoto/Foto hat die Zahl der Ausbildungsplätze stark abgenommen, derzeit werden laut Arbeitsagentur knapp 300 Azubis ausgebildet. Übliche Ausbildungsvergütung: 515 / 556 / 661 Euro. 

Ausbildung zum Drucker, Fachrichtung Digitaldruck

Die dreijährige Ausbildung zielt auf Digitaldruckereien, allerdings sind damit der digitale Auflagendruck bzw. auch Copyshops gemeint, die meist kleinformatige Digitaldrucke erstellen. Neben der Bedienung von Druckmaschinen stehen Datenvorbereitung und Weiterverarbeitung auf dem Lehrplan. Durch Wahlqualifikationseinheiten soll eine flexible Ausbildungsstruktur erreicht werden. Zugangsvoraussetzung ist ein Hauptschulabschluss, in der Mehrheit bringen die Azubis allerdings mittlere Abschlüsse mit. Aktuell wird die neue Ausbildungsordnung für Drucktechnologien (Arbeitstitel) verstärkt den großformatigen Digitaldruck integrieren. Übliche Ausbildungsvergütung: 835 / 886 / 936 Euro. 

Weitere Ausbildungsmöglichkeiten für Digitaldrucker

Im Umfeld von Digitaldruck- und Werbetechnik-Betrieben werden derzeit auch folgende Berufe öfter ausgebildet: 

  • Siebdrucker: In diesem Ausbildungsberuf ist der großformatige Digitaldruck bereits seit dem Jahr 2000 integriert, da Siebdruckereien in der Regel auch mit diesem Verfahren arbeiten. In der neu erarbeiteten Ausbildungsordnung Siebdrucktechnologie (Arbeitstitel) wird das Verfahren verstärkt integriert, weshalb es ab August 2011 auch möglich ist, für diesen Bereich ein Kammerzertifikat im Sinne einer Zusatzqualifikation zu erwerben.
  • Gestalter Werbe- und Mediengestaltung 
  • Schilder- und Lichtreklamehersteller 
  • Gestalter für visuelles Marketing 
  • Technischer Konfektionär (Weiterverarbeitung)

Autorin: Sonja Angerer

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