Decorative & Functional | Gedruckte Dekoration

Brandschutz, Abriebfestigkeit, Lichtechbeständigkeit Waschecht!

Vorhänge, Läufer, Kissen,Tapeten – Digitaldruck eignet sich perfekt für Kleinserien und individualisierte Produkte für das schöne Heim. Produzenten sollten allerdings die Gesetzeslage im Auge behalten*. Text und Fotos: Sonja Angerer

Welche Vorschriften gelten für gedruckte Dekoration:
Schön sein allein genügt nicht. Wer in die Produktion dekorativer Produkte wie Textilien, Tapeten oder Beläge investiert, sollte sich auch mit den rechtlichen Grundlagen für diese Produkte beschäftigen.Foto: Sonja Angerer

Das Klavier im Tiger-Muster, die Ski mit dem Foto der Kinder, die Decke mit dem einmaligen Designer-Dekor, Kissen mit anpassbaren Mustern: Auf Messen sind gedruckte und beklebte Gegenstände rund um das schöne Wohnen und Leben mittlerweile Publikumsmagneten. Kein Wunder, denn viele Digitaldrucker haben bereits Maschinen, mit denen sie solche Produkte herstellen können. An Ideen und Designs mangelt es in kreativen Geschäftsfeldern wie dem Digitaldruck und der Werbetechnik ohnehin nicht. Webshops lassen sich mittlerweile für wenig Geld einrichten, mit dem Internet kann man sich weltweite Absatzkanäle auch für extreme Nischenprodukte schaffen. Was also liegt näher, als vom Drucker zum Hersteller zu werden?

MESSE-MUSTER VERSUS ENDKUNDENGESCHÄFT

Viele der auf Messen gezeigten Applikationen sollte man tunlichst als das begreifen, was sie eben sind: Vorschläge, aber keine fertig entwickelten Produkte. Für ein paar Messetage oder auch als Schaufenster-Deko funktioniert vieles, was sich bei täglichem Gebrauch als un- tauglich oder unpraktikabel herauskristallisieren kann: Abfärbende Textilen, Glasdekore, die durch Haushaltsreiniger beschädigt werden, oder dekoriertes Geschirr und Besteck, das nur vorsichtig per Hand gereinigt werden darf, sind nur die gängigsten Beispiele. Wer digital be- druckte Produkte für Endkunden anbietet, wird von einem Glied der Lieferkette zum Hersteller.

Das bringt einige Änderungen mit sich. Denn anders als im B2B-Geschäft haben Endkunden in Deutschland regelmäßig Anspruch auf 24 Monate Gewährleistung. Während der ersten sechs Monate gilt zudem, dass ein Herstellungsfehler vermutet wird. Wenn also ein Produkt beispielsweise verblasst oder übermäßiger Abrieb auftritt, kann der Kunde reklamieren. Dem Hersteller stehen dann nach gängiger Rechtsauffassung bis zu drei Reparaturversuche zu, bevor der Kunde vom Vertrag zurücktreten darf und somit sein Geld wiederbekommen muss. Wird das Produkt über Zwischenhändler wie etwa den Geschenkegroßhandel oder auch ein örtliches Möbelhaus vertrieben, ist der Händler zwar der erste Ansprechpartner für den Endkunden, doch auch der Händler kann – und wird – sich letztlich an den Hersteller halten.

Eine weitere Besonderheit beim Endkundengeschäft betrifft die Verpackungen. Hier nämlich müssen zum 1. Januar 2019 alle so genannten „gewerbsmäßigen Erstinverkehrbringer“ von befüllten Verkaufsverpackungen im Verpackungsregister der ZSVR mit ihren Stammdaten und Marken registriert sein. Zudem müssen sie eine Lizenz bei einem Anbieter des Dualen Systems Deutschland erwerben. So soll das Verpackungsrecycling vorab finanziert werden. Gedacht ist das neue Verpackungsgesetz zwar wohl eher für die Großindustrie. Doch im Moment gelten die Bestimmungen im Kern auch etwa dann, wenn man bedruckte Weihnachtsbecher in einem Umkarton verpackt.

BESTIMMUNGEN FÜR SICHERHEIT UND UNBEDENKLICHKEIT

Das Ü-Zeichen ist so manchem Tapetendrucker noch in schmerzlicher Erinnerung. Auch wenn das Ü-Zeichen letztlich einem europarechtlichen Urteil zum Opfer fiel (siehe LARGE FORMAT 5 / 15), zeigte es doch deutlich, wie wenig vorbereitet sich so manche Digitaldruckerei in das Abenteuer Tapetendruck stürzte. Denn neben dem Ü-Zeichen galten für Tapeten schon damals auch die Anforderungen der harmonisierten Bauproduktenrichtlinie (89 / 106 /EWG) sowie des CE-Zeichen. Weitere relevante Normen sind die EN 233 (fertige Papier-, Vinyl- und Kunststoffwandbekleidungen) und EN 234 (Wandbekleidungen für nachträgliche Behandlung), in denen Themen wie Lichtechtheit und Waschbeständigkeit behandelt werden. Diese gelten bis heute, zum Teil zusammen mit weiteren nationalen Richtlinien.

Auch für Möbel und -stoffe bestehen natürlich eine ganze Reihe von Nor- men, Bestimmungen und Zertifikaten. Am gebräuchlichsten sind DIN EN 14465:2006 (Möbelstoffe für den Wohnbereich) sowie Oeko-Tex. Der TÜV Süd bietet zusätzlich an, Möbel und Matratzen auf die Verwendung so genannter beschränkt nutzbarer Substanzen (RSL), sowie auf Konformität bezüglich REACH und RoHS2 zu prüfen. Im Bereich Mechanik werden Bau- art- und Bauteilprüfungen angeboten. Nicht alle Prüfungen sind verpflichtend. Allerdings kann etwa ein renommiertes Siegel wie TÜV Süd GS („geprüfte Sicherheit“) nicht nur ein internatio- nales Verkaufsargument sein. Sondern auch bei Beschwerden oder gar Schadenersatzforderun- gen einen gewissen Schutz bieten. Zu beachten bleibt allerdings immer der offizielle Geltungs- bereich. So müssen etwa US-Siegel, zumal privatwirtschaftlich vergebene, von europäischen Behörden durchaus nicht anerkannt werden. Und umgekehrt gilt das natürlich auch.

Speziell für Produkte, die im Sublimationsverfahren dekoriert werden, kaufen Digitaldruck- dienstleister Halbfertiges wie vorgeprimerte Tassen, Kissenhüllen oder Teller bei ihrem Lieferanten ein. Auch hier kann es sich lohnen, gängige Zertifikate wie REACH-Konformität oder Oeko-Tex vorab abzufragen. Letztlich bestimmend ist allerdings immer das fertig be- druckte Produkt, das ggf. selbst zertifiziert werden muss: In der Regel führt der Druck mit zertifizierter Tinte auf einem zertifizierten Rohling nicht dazu, dass das Endprodukt au- tomatisch das Siegel tragen darf. Haftbar ist übrigens regelmäßig der „Inverkehrbringer“, der sich mit Ersatzansprüchen aber natürlich an seine Lieferkette wenden kann.

UND WIEDER MAL – DER BRANDSCHUTZ

Beim Projektgeschäft mit digital gedruckter Innendekoration spielt in der Regel das Thema Brandschutz eine große Rolle. Denn in öffent- lich zugänglichen Räumen wird in der Regel „B1“ gefordert. Zu beachten ist dabei, dass öffentlich zugängliche Räume durchaus auch etwa Lobbys oder Toiletten sein können. Die deutsche Norm B1 ist in der DIN 4102 für schwer entflammbare Baustoffe geregelt. Sie enthält auch weitere Baustoffklassen wie A1 und A2 (nicht brennbar). Zu den Bauprodukten werden auch beispielsweise Fußbodenbeläge und Gardinen gezählt.

Europaweit gibt es eine Reihe weiterer Bestimmungen zum Brandschutz, zu den bekanntesten zählt die französische Norm M1. Sie bleiben bis auf Weiteres gültig, seit 2002 gibt es aber parallel die europaweite Klassifizierung nach EN 13501. Die Vorgaben etwa für die Prüfung auf B1 und EN 13501 sind unterschiedlich. Beide Normen sehen jedoch zunächst das Bestehen einer Vor- prüfung vor. Erst wenn diese bestanden wurde, kann speziell auf das zu erreichende Siegel ge- testet werden. Können die Anforderungen nicht erfüllt, womöglich aber ein Zertifikat mit gerin- geren Anforderungen erreicht werden, so muss der gesamte Vorgang unter den Bedingungen des nun angestrebten Siegels wiederholt wer- den. Regelmäßige Wiederholungen sind bei der DIN 4102 aber ohnehin vorgesehen. Denn die Gültigkeit von Klassifizierungsberichten zur Brandklasse ist mit fünf Jahren festgelegt. Für die Norm EN 13501 ist dagegen keine Gültig- keitsdauer vorgeschrieben.

FAZIT

Die Produktion von gedruckter Inneneinrich- tung wurde von der Fespa bei der im Mai 2018 vorgestellten Print Census Marktuntersuchung weiterhin als ein aussichtsreiches Wachstums- segment identifiziert. Für Digitaldrucker stellt es eine relativ leicht zu erreichende Angebots- erweiterung dar. Vorausgesetzt natürlich, der Flaschenhals in der Weiterverarbeitung kann umschifft werden. Auch Vertrieb, Verpackung und Logistik werden in der Regel Investitionen erfordern. Wichtig dürfte auch eine klare Ab- grenzung zum günstigen Fotogeschenk sein. Dies kann etwa durch Markenbildung oder auch durch professionelles Design bewerkstelligt werden. Im Endkunden- wie im Projektgeschäft dürften Zertifikate und Prüfungen auf die Einhaltung relevanter DIN- / EN-Normen künftig noch wichtiger werden – allein schon, um sich als Hersteller nicht unbegrenzten Haftungs- risiken auszusetzen.

*Bitte beachten Sie: Der Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern stellt nur überblickartig die derzeit gängige Rechtsauffassung dar.

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