Wissen | Inkjet-Praxis

OEM- versus Drittanbieter-Tinten im großformatigen Inkjet-Druck

Arbeiten wir mit Originaltinten oder mit Tinten anderer Hersteller? Diese Frage will sorgfältig und gut beantwortet sein – spielen die Tinten doch im Großformat-Druck eine Schlüsselrolle. Sie entscheiden nicht nur über die Qualität und Haltbarkeit der Druckerzeugnisse, sondern auch über die Lebensdauer der Druckköpfe.

Um es gleich vorwegzunehmen: Mit den Tinten, die Hersteller für ihre Inkjet-drucksysteme empfehlen, sind Kunden stets auf der sicheren Seite. Jedenfalls bei namhaften Herstellern. Sie können sich darauf verlassen, dass die Inkjet-Drucksysteme – hier insbesondere die Druckköpfe – und die Tinten gut aufeinander abgestimmt sind. Wer also den Empfehlungen des Herstellers folgt, kann grundsätzlich nichts falsch machen. Also müssen wir uns mit OEM-Tinten (Original Equipment Manufacturer – Tinten anderer Hersteller) gar nicht beschäftigen?

Weit gefehlt! Denn Tinten sind nicht gleich Tinten. Und diese können sehr wohl für den Wechsel sprechen. Unterschiede gibt es auch beim Preis. Haken wir dieses Thema aber am besten gleich wieder ab: Wer Tinten allein aus Kostengründen wechselt, geht das Risiko ein, dafür teuer bezahlen zu müssen. Und das möglicherweise schneller, als er ahnt. Billige Tinten minderer Qualität – sie kommen häufig aus Fernost – können bereits nach kurzer Zeit die Druckdüsen und Filter verstopfen und damit die Druckköpfe beschädigen. Das bedeutet hohe Kosten für die Ersatzköpfe und brachliegende Produktionskapazitäten, bis der Austausch der Druckköpfe vollzogen ist. Und wie sicher ist die Lieferbarkeit bei Billigtinten aus Fernost? Sollte es hier zu Engpässen kommen, bleibt womöglich die Produktion auf der Strecke. Es sollte nicht so weit kommen können, dass Kunden vergeblich auf ihre Aufträge warten. 

Auf den Farbraum von OEM- und Drittanbieter-Tinten achten

Damit nicht genug: Minderwertige Tinten schwächeln in aller Regel obendrein durch einen unzureichenden Farbraum. Fachleute sprechen von »flachen« Tinten. Solche »Good-Enough-Quality-Tinten« können Druckerzeugnissen weder die Brillanz noch die Ausdrucksstärke vermitteln, die heute mit hochwertigen Tinten erreichbar sind. Je kleiner der Farbraum der Billigtinten, desto blasser wirken die Drucke. Womöglich lassen sich auch Haus- bzw. Sonderfarben von Kunden nicht in der erforderlichen Form reproduzieren – trotz akkurater Farbprofilierung. Das kann zu vermehrten Reklamationen führen. Billige Tinten können dann schnell ein teurer Spaß werden. Qualität hat eben in aller Regel ihren Preis. Das ist bei Tinten genauso wie bei anderen Produkten. Die Qualität von Tinten bestimmen maßgeblich zwei Faktoren: ihre Zusammensetzung und der Prozess, mit dem sie hergestellt werden. Hochwertige Tinten verfügen über einen besonders hohen Pigmentanteil.

Und obendrein werden diese Pigmente in speziellen Prozessen mit Spezialwerkzeugen über Stunden hinweg sehr fein gemahlen – in besonders ausgefeilten Verfahren bis auf eine Größe von unter einem Mikrometer. Im Ergebnis weisen diese Tinten eine besonders feine Pigmentierung auf. Und das hat entscheidende Vorteile: Die Brillanz und Strahlkraft der Buntfarben sind signifikant höher. Hinzu kommt, dass feine Tinten beste Druckergebnisse in der Regel mit einem deutlich geringeren Farbauftrag erbringen. Je niedriger der Farbauftrag, desto geringer natürlich der Tintenverbrauch. Das kann sich schnell als Kostenvorteil erweisen. Dank der feinen Pigmente werden außerdem die Druckköpfe geschont. Das verlängert ihre Lebensdauer, was ebenfalls ein entscheidender Kostenfaktor sein kann. Zudem verstopfen die Druckdüsen und Filter weniger schnell. Das heißt, die Produktionssicherheit ist höher. Und der Reinigungsaufwand ist geringer. Auch das ist ein wichtiger wirtschaftlicher Aspekt.

Wann sind OEM-Tinten für den großformatigen Digitaldruck interessant?

Häufig bieten Hersteller hochwertiger Tinten auch Tinten für andere Inkjet-Systeme an. Dabei werden die Originaltinten schlicht und ergreifend kopiert. Wer auf solche Kopien umsteigen will, kann sie in aller Regel sofort nutzen, da er seine Maschine nicht neu profilieren muss. Der Umstieg macht allerdings nur dann Sinn, wenn die OEM-Tinten mindestens die gleiche Qualität wie die Originaltinten aufweisen und dazu deutlich günstiger sind. Es sei denn, Druckdienstleister wollen systemübergreifend auf allen Druckern möglichst mit Tinten eines Lieferanten arbeiten, um konsistente Farben und Druckresultate über alle Systeme hinweg garantieren zu können. Und das nach dem ISO-12647-9-Standard sogar bei verschiedenen Druckverfahren. Manche Hersteller kopieren nicht nur die Originaltinten, sondern optimieren sie noch für die Druckköpfe der jeweiligen Systeme. Diese Tinten sind dann – je nachdem – sogar hochwertiger als die Originaltinten. Hier kann der Umstieg auf OEM-Tinten durchaus sehr interessant sein. Dann müssen zwar die Drucksysteme neu kalibriert werden, doch der Zeitaufwand dafür lohnt, wenn man dank der feinen Pigmentierung der Tinten letztlich mit einem um 10 bis 15 % geringeren Tintenverbrauch und vielleicht auch einer längeren Lebensdauer der Druckköpfe rechnen kann.

Lassen Sie sich also bei der Tintenwahl auf keinen Fall nur vom Preis locken. Hochwertige Tinten erfordern eben ausgefeilte Produktionsverfahren. Das kostet natürlich Geld, was die tendenziell höheren Preise feinster Tinten erklärt. Doch die qualitativen Vorteile dieser Tinten zahlen sich langfristig aus. Sie schlagen dann in der Wirtschaftlichkeit unter dem Strich je nachdem sogar weniger zu Buche als vermeintlich billige Tinten. Ganz abgesehen von der Zufriedenheit der Kunden. Wie also die Spreu vom Weizen trennen? Am besten wenden Sie sich an seriöse, namhafte Hersteller feiner Tinten. Diese werden Ihnen gerne Referenzkunden nennen, die Ihnen über ihre Erfahrungen berichten und jede Menge Druckmuster aus ihrem Tagesgeschäft präsentieren.

Denn letztlich können Sie die Qualität von Tinten erst erkennen, wenn Sie mit ihnen tagtäglich die Anforderungen Ihrer Kunden erfüllen müssen. Dann wird sich auch schnell herausstellen, ob die gelieferten Chargen stets von gleicher Qualität und die Farbwerte der Tinten durchgängig auf exakt dem gleichen Niveau sind. Denn auch das zeichnet hochwertige Lieferanten aus: Ihre Produktionsprozesse sind nach ISO zertifiziert (zum Beispiel nach ISO 9001 und ISO 14001) und erzeugen bei jeder Charge zuverlässig die gleiche Qualität. Das heißt, die Tinten weisen stets die gleiche Deckkraft, Haftung und Haltbarkeit auf einer Vielzahl von Materialien für In- und Outdoor-Anwendungen auf – bei stets gleicher Leuchtkraft und gleichem Farbraum. Das alles macht den Produktionsprozess stabil.

Insbesondere dann, wenn häufig Wiederholaufträge anliegen, sollte das eine Rolle spielen. Noch ein Aspekt: Hersteller hochwertiger Tinten dokumentieren in Datenblättern sorgfältig alle Inhaltsstoffe ihrer Produkte. Dies ist  ebenfalls ein wichtiger Unterschied zu No-Name-Tinten. Allein deshalb, weil Einkäufer heute mehr denn je auch auf ökologische Aspekte achten. Bei ihnen werden Sie mit Billigtinten aus Fernost keinen Blumentopf gewinnen können. Und wer sich Tinten just-in-time in seine Produktion liefern lassen will, wird sich ohnehin nur auf einen namhaften Hersteller verlassen wollen.

Den UV-Tinten gehört die Zukunft des Inkjet-DRucks 

Zunehmend hoch im Kurs stehen UV-härtende Tinten. Denn sie bieten eine Vielzahl von Vorteilen: Sie arbeiten ohne flüchtige Lösemittel, sie haften auf einer Vielzahl von Bedruckstoffen und sie garantieren zwei Jahre Lichtechtheit bei Außeneinsätzen. Und sie sind inzwischen auch für flexible Materialien geeignet, wenngleich noch nicht für Lkw-Planen. Hier würden UV-Tinten auf Dauer brechen. Auch bei UV-Tinten gibt es Unterschiede. Das gilt insbesondere für die Geruchsentwicklung im ausgehärteten Zustand. Einige Tinten verbreiten Gerüche, die vor allem dann bei Kunden unangenehm aufstoßen, wenn die Druckerzeugnisse für Indoor-Einsätze gedacht sind. Starke Gerüche können bei UV-Tinten zum einen von der chemischen Zusammensetzung verursacht werden. Unter Umständen sind auch zu schwache UV-Lampen die Ursache. Sie härten die Farben nicht richtig aus. Es kann nichts schaden, die eingesetzten Tinten immer wieder kritisch zu prüfen und sich gegebenenfalls nach anderen Tinten umzuschauen. Lieferanten hochwertiger Tinten werden Sie hierbei gerne unterstützen. Denn indem diese Lieferanten ihre eigenen Produkte stetig hinterfragen und optimieren, treiben sie selbst die Entwicklung des Markts voran. Und wer die Innovationsfreudigkeit der renommierten Hersteller und damit die Weiterentwicklung des Marktes nicht untergraben will, wird schon allein aus diesem Grund auf billige Tintenprodukte aus Fernost verzichten.

Autor: Matthias Kaben (Anwendungsexperte bei Fujifilm Sericol Deutschland in Köln)

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